Stories vom WochenMarkt

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Stories von VolksFesten

Stories von VolksFesten

MarktVergnügen für alle

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Der Italiener Lorenzo Basso (Jahrgang 56) wuchs als Einzelkind auf. Lorenzo wurde schon als Knirps in das Familienunternehmen eingebunden, was ihm große Freude bereitete. Nach der absolvierten mittleren Reife startete er sofort in das Ballon-Geschäft. Das Handwerk hat er von seinem Vater gelernt und auch das Wissen darum, dass ein guter Platz auf dem Jahrmarkt das A+O ist. Inzwischen ist er

seit 55 Jahren erfolgreich selbständig, genau wie seine Familie zuvor, sein Vater Bacci und sein Großvater Giacomo. Lorenzo Basso ist verheiratet mit der gelernten Erzieherin Dietlind (Jahrgang 59). Sie wohnen in Itzehoe und haben gemeinsam eine Großfamilie mit zehn Kindern, acht Mädchen zwei Jungen im Alter von 43 bis 22 Jahren. Die Kinder sind in verschiedenen Berufen unterwegs als Lehrerinnen (3x), Biologin, Maklerin, Ingenieur, Erzieherin, Reiseverkehrskauffrau, als Hausfrau und der jüngste Sohn wird in Kürze in Brasilien in der Entwicklungshilfe arbeiten. Es gibt also keinen Nachwuchs für Lorenzo Bassos Ballon-Geschäft!!! Und die acht Enkel sind noch zu jung für derartige Überlegungen.  Wenn die Familie zusammenkommt wie neulich zu seinem Geburtstag, werden es schnell 40 Personen, die von Mutter Dietlind bekocht werden.
Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Durch meine Familie. Wir sind seit 1834 am Markt und damit der erste Ballon-Familienbetrieb. Meine Familie kommt aus Italien, als dort die Jahrmärkte nicht mehr so gut liefen, wanderten sie mit dem Geschäft nach Deutschland aus und verkauften seit 1834 Ballons und ihr selbst hergestelltes Spielzeug. Das Spielzeug fertigten meine Großeltern um 1850 in Italien her. Und zwar insbesondere Windmühlen und Äffchen, die dann per Eisenbahn nach Deutschland zur Familie gesandt wurden, um auf Märkten verkauft zu werden. Nach dem 2. Weltkrieg fingen meine Eltern an, Spielwaren zuzukaufen. Meine Mutter hatte inzwischen einen VW-Bus organisiert und belud ihn z.B. mit Puppen von einem Hersteller aus Sizilien, um dann mit der Ladung nach Hamburg zu fahren. Meine Mutter war sehr geschäftstüchtig und dazu extrem sparsam!
Die italienischen Ballons waren zunächst aus Gummi, die vor Ort in Leim getaucht wurden, dann bekamen sie Glanz. „Ein schrecklicher Schweinkram, aber es kam gut an bei den Leuten“, berichtet Lorenzo. Heute sind die Ballons aus Alufolie und werden seit den 80er Jahren mit Helium gefüllt. Sie halten länger und lassen sich wieder befüllen. Früher gab es nur „Ballon-Herzen und den Ballon-Delphin“ ohne Aufdruck, heute gibt es eine große Auswahl an Formen und Motiven, die gerade bei den Kindern beliebt sind. Jedes Jahr kommen neue Motive hinzu.
Sind die Ballons umweltfreundlich?
Ich zahle Entsorgungsgebühr beim Kauf der Ballons und zwar nach Kilogramm. Falls ein auf dem Jahrmarkt verkaufter Ballon an Kraft verliert kann man ihn sich im Einzelhandelsgeschäft aufblasen lassen, das kostet ca. 2 Euro, oder bei mir auf dem Jahrmarkt, dann kostet es nichts für meine Kunden. Ich importiere Ballons ausschließlich aus Italien, da ich nur Qualitätsware verkaufe, denn China-Ballons taugen nichts, bemerkt er. Spielwaren kaufe ich heute weltweit dazu und zwar seit den 2000er Jahren. Übrigens mein Opa Fernando lief bis 1958 als Leierkasten-Mann durch Hamburg.
Was bedeutet Ihre Ballon-Arbeit für Sie?
Sie ist mein Leben! ich freue mich, wenn das Wetter gut ist, habe Spaß an der Arbeit, bin penibel, andere lachen darüber und habe außerdem ein gutes Durchstehvermögen.
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zurzeit auseinander?  
Mit der Kartenzahlung, zum Glück sind meistens Geldautomaten in der Nähe meines Ballon-Standes. Ich persönlich zahle immer in bar, bin sehr traditionell, habe übrigens auch nur ein altes, großes Handy! Außerdem besorgt mich mein Umfeld, die Weltlage, ich habe Bedenken wegen der Kriege.
Sind sie in einem Berufsverband organisiert?
Seit 30 Jahren im Landesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg e.V. und vorher war ich im Schaustellerverband 1884 Hamburg e.V.
Auf wie vielen Volkfesten arbeiten Sie? 
Früher waren es 20 Jahrmärkte pro Jahr, heute noch 13 – 14.
Haben Sie Freude an ihrem Beruf und würden ihn wieder wählen?
Ja, ich liebe ihn, finde es schön auf dem Jahrmarkt zu sein.
Würden Sie jungen Menschen zu diesem Beruf raten?
Ja, aber sie müssen sich auf Folgendes einstellen: die gesamte Arbeitszeit zu stehen, aufwändige Vorbereitung, es ist ein komplexes Ding, jedes Wochenende unterwegs sein, eben arbeitsintensiv. Man muss Lust dazu haben und Menschen-Massen abkönnen. Ich stehe zum Beispiel mittendrin im Gang, das wird von Kollegen bewundert; es ist manchmal hart, man muss einfach ruhig bleiben, wenn es eng wird, sagt Lorenzo grinsend.
Warum will keines Ihrer Kinder den gut laufenden Betrieb übernehmen?
Früher hatten die Jahrmärkte einen hohen Stellenwert, heutzutage ist es schwieriger geworden. Es ist schwere Arbeit, viel zu schleppen und sehr wetterabhängig. Ich bin froh, dass meine Kinder andere, gute Jobs haben.
Helfen ihre Kinder manchmal denn trotzdem beim Verkauf der Ballons?
Ja, meine Söhne.
Haben die Frauen ihrer Familie damals auf den Jahrmärkten mitgearbeitet, also verkauft?
Meine Mutter war die treibende Kraft, sie hat mitverkauft. Meine Eltern waren sehr fleißig und sparsam. In den Wirtschaftswunderjahren lief das Ballon-Geschäft gut.
Braucht man Lagerfläche für das Ballon-Geschäft?
Ich habe einen 1 x 4 m Anhänger und eine Garage, das langt. Den Einkauf mache ich 1-2 Wochen im Voraus vor Jahrmarktbeginn. 
Auf etlichen Archivfotos sieht man Sie als Schauspieler, wie kam es dazu?
Ja, und es hat mir sehr, sehr viel Spaß gebracht - ich spielte z.B. mit in "Stunde des Wolfs", mimte einen Leibwächter, der erstochen wurde. In "Das Milliardenspiel" spielte ich neben Ulrich Tukur. Sogar in einer Hauptrolle konnte man mich erleben in "Signorina Mafoldo" als Waffenschmuggler und Gastronom. Zur Schauspielerei bin ich quasi durch den anderen Teil meiner Familie gekommen. Mein Onkel ist der Gastronom des Kult-Lokals Cuneo. Dort lernte ich Regisseure und Schauspieler kennen. Das Cuneo,1905 gegründet von meinem Onkel Francesco Alessandro Cuneo, ist der älteste Italiener in Hamburg, in der Davidstraße 11. Heute geleitet von Tochter Franca, in vierter Generation. Im Mai feierte unsere Familie 120 Jahre Cuneo!
Gute sieben Jahre habe ich nebenher geschauspielert. Es ist aber auch ein hartes Geschäft und schwierig, an neue Rollen zu kommen, dazu ist der Dreh dann zeitaufwändig und ich habe ja mein Ballongeschäft, auf das ich mich dann konzentrierte.
Wohnen Sie eigentlich in einem Palast, oder wie wohnt man mit zehn Kindern im Haus?
Ich habe geerbt und konnte ein großes Haus kaufen. Jedes Kind hatte mit Beginn der Pubertät einen eigenen Bereich, nach dem Prinzip des Aufrückens hat es wunderbar geklappt.
Sprechen Sie italienisch und wie sprechen Sie zu Hause?
Ja, ich spreche neben italienisch noch Alt-Genuesisch, ein uralter Dialekt aus Genua, der langsam ausstirbt. Das kam dadurch, dass ich bei meiner Oma lebte, wenn meine Eltern auf Jahrmärkten unterwegs waren. Zwei meiner Kinder sprechen etwas italienisch. Meine Frau spricht nicht italienisch und so wird in der Familie deutsch gesprochen.
Haben Sie noch Verwandte in Italien?
Ja, ein Neffe, er ist Notar und Rechtsanwalt – inzwischen sind leider viele Verwandte gestorben.
Was verbindet Sie mit dem Land?
Ich war früher immer gern in Italien, durch meine eigene Familie hier in Deutschland wurde es im Laufe der Jahre weniger.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Volksfeste in 10 Jahren ein?
Die Besucherzahlen sprechen dafür, dass es weitergeht und ich persönlich bleibe dabei, solange es geht.
Müssen Fahrgeschäfte immer größer, höher, schneller werden?
Die Leute wollen immer wieder Neues. Für die Schausteller ist es unternehmerisches Risiko, aber die Abwechslung wird gewünscht und
Vielfalt tut ja auch gut.
Was bedeutet geschäftlicher Erfolg für Sie? 
Wenn am Sonntag die Sonne scheint, von 14 bis 20 Uhr, das ist nämlich meine Hauptgeschäftszeit, dann läuft‘s wie am Schnürchen….
Haben Sie einen Wunsch, ein Ziel, eine Vision?
Ja, noch ein paar Jahre gesund bleiben. Wenn ich keine Lust mehr zur Arbeit habe, komme ich zu Besuch auf den Dom und werde alte Bekannte treffen.
...und privat, verraten Sie uns Ihr Hobby?
Ich schaue gern Dart im TV und spiele Kniffel. Viel Freude bringt mir mein Kniffel-Turnier mit den großen Kindern.
Meine Lieblingsmusik kommt von den Rolling Stones.
Vielen Dank für das interessante Gespräch und alles Gute für das Ballon-Geschäft und für die Großfamilie. BGB April-Mai 2025

Zu den Motiven
Oben 2. Seite Lorenzo Basso als Knirps (Archiv Basso) unten Ballon-Stand auf dem Hamburger Dom
Fotos©Barbara Gitschel-Bellwinkel