Auf dem Wochenmarkt gibt’s immer wieder Neues und Verblüffendes zu erleben! Otto F. (78) ist im zweiten Beruf Markthändler geworden. Er kommt nicht kontinuierlich auf einen bestimmten Wochenmarkt, sondern wechselt die Standorte. Warum ist das so und wie ist er überhaupt zu diesem etwas anderen Handel gekommen? Ich bin bei meiner Großmutter aufgewachsen, meine Mutter und meinen Vater habe ich nicht kennengelernt. Oma hat alles für mich getan und dafür gesorgt
hat, dass ich einen Beruf erlernen konnte. So wurde ich Siebdrucker. Die harte Arbeit im Druckgewerbe war für mich in Ordnung, doch nach 15 Jahren meldeten sich ernsthafte Gesundheitsprobleme. Mein Kollege starb sogar an den giftigen Dämpfen der Farben. Es wurde Zeit für mich auszusteigen und meinen Lebensstil zu korrigieren. Per Zufall lernte ich Fritz Meyer kennen, der war ein genialer Tüftler. Er erfand vor ca. 40 Jahren eine Paste, die er „aktiv Stein“ nannte. Mit dieser Paste lässt sich nahezu alles reinigen und nicht nur das, sondern auch noch auf Hochglanz bringen und konservieren, berichtet Otto F. Er fragte mich, ob ich seine Paste direkt, also auf Wochenmärkten verkaufen wolle? Hier öffnete sich für mich die Welt des Ambulanten Handels, denn dieses Angebot kam genau zur rechten Zeit. Ich wurde also Markthändler, denn ich war überzeugt, dass viele Menschen eine Reinigungslücke in ihrem Haushalt haben, und die kann ich doch mit dieser Paste schließen!
Zunächst überlegte ich mir, wie ich die Paste anbieten wollte. Ich hatte ja schon viele Schilder und anderes in meinem Leben gedruckt. „Das Beste ist doch, ich zeige es den Marktbesuchern mit Gegenständen, die wirklich verschmutzt sind, erklärt er und zeigt mir eine uralte kleine Kupfervase mit deutlichen Altersflecken, ein verschmutztes Fenster mit verschmutztem Rahmen und deutet schließlich auch noch auf einen kleinen Goldring an meinem Finger. „Was, das alles soll die umwelt- und hautfreundliche Paste säubern können?“ Ja klar, sagt er verschmitzt und los geht’s. Er trägt mit einem feuchten Schwamm die Paste auf die verschiedenen Flächen auf. Während wir den kurzen Trocknungsprozess abwarten, erzählt er, dass er damals nach seiner Druckertätigkeit das Rauchen aufgegeben habe, sich seitdem gesund ernährt und besonders die frische Luft auf den Wochenmärkten schätzt. Wenig später bringt er mit einem trockenen Lappen zunächst meinen Ring auf Hochglanz – wow - , dann folgt das alte Kännchen und schließlich ist das Fenster dran. Besonders beeindruckt hat mich das schlierenfreie Fenster. Wer kennt sie nicht diese fiesen Schlieren, die bei Sonnenschein auf dem frisch geputzten Fenster nicht zu sehen sind, dann aber frech ans Tageslicht kommen, sowie das Fenster nicht direkt angestrahlt ist. Die Paste zeigt ihre Wirkung und sie ist überzeugend! Inzwischen kommt ein Pärchen hinzu, die ohne viele Fragen zu stellen eine große Dose kauft. „Wir kennen das Produkt, es ist super und extrem sparsam“.
Gut für den Verbraucher – schlecht für den Verkäufer?
Gewissermaßen ja, denn das ist der Grund, warum Otto F. seine Verkaufsorte wechselt. So trifft man ihn auf Wochenmärkten, auf dem Hamburger Fischmarkt und auch auf Volksfesten, insbesondere in Badeorten während des norddeutschen Sommers. „Falls Sie noch einen alten Krug, oder Ähnliches im Keller haben und ihn los werden wollen, dann bringen Sie ihn mir gern her. Den mache ich wieder „schnieke“ und zeige es neuen Besuchern. Übrigens hat die Tochter des Erfinders das Geschäft nach dem Tod ihres Vaters übernommen und produziert heute gemeinsam mit ihrem Ehemann die tolle Paste! Es gibt sie also noch, hochwirksame Nischen-Produkte, gefunden auf dem Wochenmarkt! BGB
Zu den Bildmotiven:
Schnell aufzubauen und praktisch muss mein Stand sein, berichtet Otto F.!
Warum denn viele Reinigungsmittel nehmen, wenn nahezu alles mit dieser Paste gelingt, fragt Otto F.?
Fotos © Barbara Gitschel-Bellwinkel