Stories vom WochenMarkt

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Stories von VolksFesten

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MarktVergnügen für alle

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Er ist ein Urgestein auf dem Hamburger Grossmarkt, jeder kennt ihn: Joachim Köhler. "Wenn du einmal die Arbeitsluft auf dem Grossmarkt geschnuppert hast, kommst du nicht mehr davon los", ist sein Credo. Das macht neugierig, wir wollten mehr erfahren und stellten ihm einige sehr persönliche Fragen.
Steckbrief:
Jahrgang 1951, seit 2 Jahren im "UnRuhestand", nun engagiert als Tour Guide auf dem Grossmarkt, seit unglaublichen 48 Jahren verheiratet, 2 Söhne und 5 Enkel warten darauf, dass Vater bzw. Opa endlich mal Zeit hat; sein Markenzeichen: ist ständig unterwegs, neben der Arbeitszeit im Grossmarkt, als Einkäufer und als Verkäufer, hat er mit seinem Schwager zusammen im Nebenerwerb 30 Jahre Wochenmärkte in Hamburg Winterhude und Trittau beschickt.
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
"Durch meinen Schwager. Ich hatte eine Lehre bei Siemens gemacht und danach fragte er mich unverblümt, willst du Geld verdienen, oder so weiter machen? Hmm, das war sehr direkt, also hat er mich mitgenommen und ich bin in die aufregende Welt des Grossmarkts eingetaucht. Dort fand ich großzügige Arbeitgeber und hatte die Möglichkeit viel Geld zu verdienen. Nachtstunden wurden damals bezahlt und zwar steuerfrei! Heute wird ja überall gespart, und die türkischen Mitarbeiter haben die Gehaltspreise kaputt gemacht, ansonsten aber den Markt belebt!"


Was bedeutet Ihre Arbeit für Sie?
"Für mich ist es: Das Leben. Wobei meine Frau immer alles mitgemacht hat, wechselnde Arbeitszeiten und vieles mehr."
Mit welchen beruflichen Themen setzen Sie sich zur Zeit auseinander?  
"Jetzt keine mehr, nur noch die Führungen – die machen mir richtig Spass. Übrigens machte ich auch schon Führungen damals für meine Firma."
Hatten Sie Freude an ihrem Beruf und würden ihn wieder wählen?
"Auf jeden Fall. Übrigens habe ich durch den Beruf auch immer gesund gelebt mit frischem Obst und Gemüse, daher mein Satz: Wer einmal beim Grossmarkt war, kommt immer wieder."
Würden Sie jungen Menschen zu diesem Beruf raten?
"Früher ja, heute (ist nachdenklich) ist es nicht leicht. Die Uhrzeiten, nachts um 2 Uhr ist Hochbetrieb auf dem Grossmarkt und dann geht’s häufig auch mal durchgängig sogar 24 Stunden, erschweren das Leben und die Partnerschaft. Vielleicht sind die jungen Leute auch etwas unflexibel?" Und fügt hinzu: "Heute wird gearbeitet um überhaupt Geld zu verdienen, früher um viel Geld zu verdienen."
Wie schätzen Sie die Zukunft des Grossmarkts für Hamburg ein?
"Er wird sich halbieren, danach wird es nur noch einige Großhändler geben und zwar die Größten werden bleiben." 
Warum?
"Ich vermute, dass sich der Konzentrationsprozess fortsetzten wird."
Wie schätzen Sie die Zukunft der Hamburger Wochenmärkte in 10 Jahren ein?
"Sie bleiben erhalten, aber früher wurde viel Ware verkauft und viel Geld verdient, heute wird weniger Ware verkauft, und die Preise sind zu hoch. Das bezieht sich meiner Meinung nach nicht nur auf Hamburger Wochenmärkte, sondern Preise sind überall auch im stationären Einzelhandel und beim Discounter zu hoch. Qualität und Preisgestaltung müssen vernünftig sein, sonst gibt es Probleme in der Zukunft."
Wie haben Sie die hohen Preise festgestellt?
"Ich war Einkäufer und Verkäufer, kenne also den Einkaufs- und den Verkaufspreis. Wenn es zur Regel wird, dass mit sehr hohem Aufschlag gearbeitet wird, ist es meiner Ansicht nach übertrieben und geht in eine Gier über, die heute leider häufig anzutreffen ist."
Seit wann ist denn diese Preispolitik in Mode geraten?
"In den 90er Jahren ging es los. Ich sag’ mal ein Beispiel anhand türkischer Unternehmer. Anfangs haben sie Lotto+Toto Läden betrieben, dann brachte es nicht genug Geld und sie verlagerten sich auf Obst + Gemüse Läden, heute sind es Dönerläden.
Was bedeutet geschäftlicher Erfolg für Sie? 
"Im richtigen Beruf zur richtigen Zeit zu sein. Ich hatte das Glück zur richtigen Zeit hier auf dem Grossmarkt zu arbeiten, aber es gehört auch das Gefühl für diesen Beruf dazu."
Haben Sie einen Wunsch, ein Ziel, eine Vision a) beruflich und b) privat ?
a) "Ja, dass der Grossmarkt in Hamburg noch lange bestehen bleibt!" und b) "Ja, ich möchte 104 Jahre alt werden!"
Verraten Sie uns Ihr Hobby?
"Da kommt Einiges zusammen, früher waren es Pferdezucht und ein eigener Campingplatz. Heute sind es die Angelei, per eignem Boot auf verschiedenen Gewässern, der Garten und natürlich die Touren auf dem Grossmarkt. Ich kann einfach nicht still sitzen!"

Vielen Dank für die ehrlichen Antworten.
Übrigens ist das Duzen ist auf dem Grossmarkt obligatorisch, das Interview stellt also eine sprachliche Ausnahme dar. 

Über den Hamburger Grossmarkt, der auch gern "Das Grüne Herz der Stadt" genannt wird:
Der Grossmarkt ist das größte Frische-Zentrum Norddeutschlands, mitten in der Hamburger City gelegen, mit direkter Hafenanbindung, eigenen Bahngleisen und vielen Parkplätzen für LKW’s, in unmittelbarer Autobahnnähe gelegen, ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Er bedient ein großes Einzugsgebiet, das sich bis nach Skandinavien und Osteuropa erstreckt. Auf dem Grossmarkt dürfen nur ausgewiesene Händler und Gastronomen einkaufen. Ein Besuch für interessierte Bürger ist nur möglich, wenn geführte Touren durchgeführt werden. Informationen unter www.grossmarkt-hamburg.de Heute hat der Grossmarkt eine 100 % Auslastung und eine Warteliste für Interessenten.

          Gewichtung der Käufer heute, Veränderungen
Wochenmarkthändler         Einzelhandel/inkl. Ketten    Gastronomie
45 %                                     35 %                                     20 %
früher
40 %                                     50 %                                     10 %

400 Grosshändler inkl. 150 Blumenhändler bieten ihre Waren täglich auf dem Hamburger Grossmarkt an. Insgesamt arbeiten hier ca. 3.000 Menschen. BGB 02.August 2018

Fotos und Text © Barbara Gitschel-Bellwinkel